Modellbau-ABC von Wilfried Eck

 

Japanische Lacke - Schlecht?

Siehe hierzu auch: Farben japanischer Flugzeuge"

 
 

Fotos wie oben werden gerne zum Beweis angeführt, wenn es um schlechte japanische Lacke geht.  Der unvollständige Anstrich ist offensichtlich.

Wie aber erklären sich Fotos von Flugzeugen - ersichtlich nicht frisch vom Werk - aber dennoch in einwandfreiem Anstrich?

 
A6M-3 Zero (alliierter Codename "Hamp") 1943 auf Lae, Neuguinea, verlassen vorgefunden G4M2 (alliierter Codename "Betty") 1945 auf "Clark Field, Manila, verlassen vorgefunden

Japan hatte nicht nur eine Luftwaffe, sondern zwei. Von Heer und Marine, mit grundverschiedener Aufgabenstellung und dem entsprechend weit voneinander entfernt eingesetzt.. Siehe hierzu auch unten stehenden Link "Meilensteine des Pazifikkriegs". Dies schlug sich auch im Aussehen der jeweiligen Flugzeuge nieder.

 
Japanische Marine   Japanisches Heer
Mitsubishi A6M2 "Zero Sen"   Nakajima Ki-27 "Hayabusa"
Bild: Srecko Bradic   Bild: Srecko Bradic

Japanische Marine:

Flugzeuge der japanischen Marine sind leicht an ihrer Typbezeichnung zu erkennen:  "A6M2" setzt sich zusammen aus dem Einsatzzweck, hier "A" für bordgestützter Jäger und 6. von Mitsubishi (M) bestellter Typ, Variante 2 ("D3A" bezeichnete einen bordgestützten Sturzbomber, 3. Typ von Aichi).

Wie zu sehen sein wird, ist Unterscheidung zwischen Flugzeugen der Marine und des Heeres auch für die Frage der Qualität japanischer Lacke von Bedeutung,

Flugzeuge der Marine waren auf Flugzeugträgern und weit verstreuten Inselstützpunkten im pazifischen Raum  (und natürlich auch zur Heimatverteidigung) eingesetzt. Hauptstützpunkte waren Rabaul und Truk..

Als rohstoffarmes Land hatte Japan ein grundlegendes Interesse, Material einzusparen. Das Flugzeug musste eine möglichst lange Lebensdauer haben.  Dem mussten auch die aufgetragenen Lacke Rechnung tragen.  Flugzeuge der Marine mussten, da sie zudem dem Einfluss von Seewasser ausgesetzt waren, besonders gegen Korrosion geschützt werden. Vorherige Grundierung war deshalb obligatorisch. Siehe hierzu auch Link zu "Farben japanischer Flugzeuge 1941-1945".

Japanische Marineflugzeuge wurden deshalb in vollständigem Schutzanstrich ausgeliefert. Blanke Unterseiten gegen Kriegsende deuteten lediglich auf Materialmangel hin.

Dem scheint das nachstehende Foto zu widersprechen.

A6M3 Zero der "Tainan"-Gruppe, "V" der Kennung zensiert.
Das Foto links zeigt die vom Top-Piloten Hiroyoshi Nishizawa geflogene A6M3 Zero (alliierter Codename "Hamp") der "Tainan"-Gruppe auf Rabaul. Sieht man das Foto genau an, stellt man fest, dass sich helle Stellen nur kurz hinter der Motorhaube befinden und diese nach hinten zu immer weniger werden. Auffallend ist auch die (fast) gerade Trennlinie von Hell nach Dunkel am unteren Rand der Cockpitverglasung, wobei die Streben durchweg hell sind. Einen technischen Grund, weshalb der Lack an den Kanzelstreben vollständig, hinter den Kühlklappen fast ganz, hinter dem Hoheitsabzeichen aber so gut wie gar nicht abgeplatzt sein soll, hat sich mir noch nicht erschlossen.
 
In Wirklichkeit ist an den hellen Stellen keineswegs der Lack abgeplatzt.  Hier sieht man noch die ursprüngliche hellgraue Farbe, in der die Maschine ursprünglich ausgeliefert worden war. Da man nach dem 4. Juni 1942 gezwungen war, von Land aus zu operieren und entsprechende Tarnung erforderlich schien, musste die dunkelgrüne Tarnfarbe nachträglich per Hand aufgetragen werden. Das musste nicht gleichmäßig sein, ein unregelmäßiges Muster verstärkte die Tarnung. - Dies aber nur in der Übergangszeit bis zum späteren allgemeinen Standard ab Mitte 1943, werkseitig aufgebrachtes Dunkelgrün über Hellgrau. Wie vorher immer über einer Grundierung. Blanke Stellen durch Beschädigung können vorgenommen sein, aber nur selten. Abgeplatzter Lack nie.
 
Weil die Hersteller für gleichermaßen für Heer und Marine arbeiteten, gab es in der Qualität der Farben keine Unterschiede.
Farbzeichnungen (profiles) die Maschinen der japanischen Marine mit großflächigen blanken Stellen zeigen, gehen auf Unkenntnis der Realität zurück.
   
  Nachstehend Fotos von Marineflugzeugen im üblichen Anstrich. Andere findet man im www.
   
A6M2 Zero ("X" zeigt Basis Rabaul an) mit Bändern e. Führungsmaschine A6M3 Zero; man beachte blanke Luftschraube und Nabe; Rand um HH-Abz. gedunkelt J1N1-S Gekko (all.: "Irving"), 1945
Mitsubishi J2M2 Raiden (all.: "Jack") in Japan D3A1 (all.: "Val") einer landbasierten Gruppe G3M Horizontalbomber ("all.: Nell"), das"G" zeigt Heimatbasis in Korea an.
     
Zwischenergebnis. 1: Flugzeuge in vollständiger Lackierung zeigen, dass die Behauptung, japanischer Lack sei generell schlecht gewesen, unzutreffend ist.

 

Japanisches Heer:

Flugzeuge des japanischen Heeres erkennt man an der Typbezeichnung "Ki-" mit nachfolgender Nummer.   "Ki-27" bedeutet hier lediglich "27. für das Heer bestellter Typ", ohne Rücksicht auf den Einsatzzweck oder Anderes..

Das japanische Heer war in einem großen Bogen von der Mandschurei über die asiatische Ostküste bis zu Burma, im Süden auf Indonesien und Neuguinea eingesetzt.  Im Wesentlichen deckte sich dies mit dem Einsatzbereich des alliierten Heeres (s. Link "Meilensteine des Pazifikkriegs").

A) Jagdflugzeuge:

Abweichend vom im Westen üblichen Standard wurden Jagdflugzeuge anfänglich nicht mit einem Tarnanstrich, sondern in Naturmetall ausgeliefert. Man wollte durch glänzendes Metall den Gegner auf sich aufmerksam machen, ihn zum Kampf herausfordern. Weil sich aber schnell herausstellte, dass solche Flugzeuge auch am Boden gut sichtbar waren, trug man bald eine Tarnung auf, um die Kontur aufzulösen, das Flugzeug mit dem Untergrund verschmelzen zu lassen. Gab es am Standort Laubbäume, lag nahe, die Oberseite des Flugzeugs dem Schattenmuster der Blätter anzugleichen. Blanke Stellen unterstützten dabei den Hell-Dunkel-Kontrast und verstärkten damit die Tarnwirkung.  Waren eher Palmen vorhanden, bot sich eine streifige Tarnung an.  Lag das Einsatzgebiet in offenem Gelände,  waren die Farben des Untergrund für Form und Farbe/n entscheidend. Ob per Hand oder Spritzpistole aufgetragen wurde, war lediglich eine Frage der Zweckmäßigkeit.  Blanke Stellen waren keine Lackabplatzer oder verwitterte Farbe, sondern Absicht

 Hierbei lassen sich folgende Stufen erkennen:

  1. Kleine gebogene und scharfkantige Streifen auf blankem Metall (offenbar per Hand aufgetragen).

  2. Ovale Flecken, scharfkantig oder mit verlaufender Kontur, anfänglich auf blankem Metall, später heller Untergrundfarbe.

  3. Größere Felder über heller Untergrundfarbe (gespritzt).

  4. Einfarbige Oberseiten über hellen Unterseiten (ca. Herbst 1943, nun ab Werk).

 

Dies alles ohne festgelegten zeitlichen Rahmen, je nachdem, welches Tarnmuster der jeweiligen "Sentai" (Gruppe mit drei bis vier "Chutais") passend erschien. Zu beachten ist dabei auch das sehr weiträumige Einsatzgebiet, das im Westen von der Mandschurei bis Burma, im Süden über Indonesien bis Papua Neuguinea reichte.  Feuchtwarmes Dschungelklima als Begründung für Lackabplatzer dürfte in der Mandschurei kein Thema gewesen sein. 

Wer glaubt, japanische Lacke seien schlecht gewesen, sollte auch erklären können, weshalb der Lack beim Hoheitsabzeichen und kreisförmig darum herum nicht abgeplatzt ist.

 

Ki-43 Hayate (all.: "Oscar") Ki-44 Shoki (all.: "Tojo"), Akeno Jagdfliegerschule Ki-61 I ko  Hien (all.: Tony"), 68. Sentai, 2. Chutai
     

Ki-45 Toryu (all.: "Nick") an der Heimatfront Ki-45 Kai c Toryu ("all.: Nick") Ki-43 II Otsu Hayate (all.:"Oscar")
     
   
B) Mehrmotorige Flugzeuge waren immer mit Tarnfarbe versehen. Einfarbig Grau, oder mit Flecken und Streifen in diversen Farben, je nachdem, was die Sentai für geeignet erhielt.

 

Bomber Mitsubishi Ki-67 Hiryu (all.: "Peggy")
Bomber Mitsubishi Ki-21 (all.: Sally")
Bomber Nakajima Ki-49 Donryu (all.:"Helen")
     
 
Zwischenergebnis. 2: Blankes Metall nur bei Jägern und nur zeitweise, übrige Flugzeuge mit vollständiger Lackierung.
 
Ergebnis 1 plus Ergebnis 2: Flugzeuge mit blanken Stellen waren in der Minderzahl und deren Aussehen Absicht.
 
„Schlechte japanische Lacke“ gehen auf Fehlinterpretation und Verallgemeinerung zurück.
 
Zu den Farben und deren Qualität siehe Seite Farben japanischer Flugzeuge
 

 

Zum Abschluss eine harte Nuss: Eine 1945 auf Clark Field, Manila, vorgefundene, offensichtlich stark verwitterte Ki-44. - Aber warum hören die Lackabplatzer auf beiden Seiten des Rumpfes genau an der gleichen Stelle auf und dazu auch noch genau senkrecht? Zu erklären wäre dann auch, warum rings um das Hoheitsabzeichen nichts abgeplatzt ist und vor allem, warum Flügel, Höhen- und Seitenleitwerk einen kompletten Farbauftrag.en . - Ich bin auf Mangel an Farbe gekommen, restlos überzeugt hat es mich aber auch nicht.

 

 

Ausnahmen gab und gibt es überall. Man sollte sie aber nicht verallgemeinern,


   
   
Karte "Meilensteine des Pazifikkriegs": http://www.pmcn.de/ABC/Meilensteine_Pazifikkrieg/Meilensteine%20Pazifikkrieg.htm
Farben japanischer Flugzeuge: http://www.pmcn.de/ABC/Japan/Farben%20japanischer%20Flugzeuge.htm
   
Empfehlenswerte Literatur (alle in Englisch):  
   
Geschichte Jap. Lackarbeiten: https://en.wikipedia.org/wiki/Japanese_lacquerware
Geschichte Jap. Lackarbeiten II http://www.marumata-japan.com/urushinorekishi_E.htm?lang=1
Empfehlenswert zu Lack/Qualität (in Englisch): http://www.j-aircraft.com/research/weathering_question.htm
Schutzlack "Aotake" (in Englisch): https://roncole.net/blogs/ron-cole-coles-aircraft-aviation-art/12072261-japanese-world-war-ii-aircraft-aotake-paints
Schutzlack "Aotake" II (in Englisch): http://emmasplanes.com/index.php/paints/ijaaf-ijnas-colours-japan/#Aotake
"Urushi"-Konservierungslack: https://www.jstor.org/stable/4629296?seq=1

Farben allgemein (in Englisch):

http://www.j-aircraft.com/research/colormix.htm