Unsymmetrischer Vogel: Arado Ar 231 am Hebekran vor dem Einsetzen ins
Wasser. |
Arado Ar 231,
RS models 1/72 Nr. 7204, Resin Kit |
Original:
Für Schiffe ist die Erkundung der
Umgebung besonders wichtig. Dabei haben Radargeräte als „Auge der
Kriegsschiffe“ den Nachteil, dass sie aufgrund der ausgesandten
Mikrowellenstrahlung gut rückverfolgbar sind. Darum wurde im zweiten
Weltkrieg eine flugzeugbasierte Lösung angestrebt, die nicht so
aufwändig wie ein großer Fernaufklärer (z.B. FW 200) sein sollte,
sondern kleiner und flexibler, mitführbar, am besten sogar von
U-Booten des geplanten Typs XI einsetzbar. Daraus entstand die
Forderung, dass das Fluggerät in einem zylindrischen Behälter von 7,
50 m Länge und 2,25 m Durchmesser innerhalb von 6 Minuten verstaubar
sein sollte. Arado schlug ein einfaches Flugzeug mit übereinander
anzuklappenden Tragflächen vor, daraus resultierte jedoch ein
vertikaler Versatz auch im Flugzustand. So entstanden ein seltsames
Erscheinungsbild (als ob jemand den Flieger falsch zusammengebaut
hätte) und auch anspruchsvolle Flugeigenschaften. Die technischen
Daten waren zwar ansprechend, das leichte einsitzige Schwimmerflugzeug
(das in Größe und Gewicht etwa einer Cessna 172 entsprach) hatte
jedoch Schwierigkeiten mit dem Seegang auf dem offenen Meer und wurde
deswegen kaum eingesetzt. Für die Seeaufklärung war der Hubschrauber
Fl 282 „Kolibri“ weitaus besser geeignet, aber er kam zu spät. In
größerer Stückzahl wurde nur noch der kleine motorlose
Schleppschrauber Focke-Achgelis Fa 330 „Lerche“ eingesetzt, der
einfach zu bauen war, wenig Platz beanspruchte und einen Überblick aus
bis zu 300 m Höhe ermöglichte.
Wer mehr über die Ar 231 wissen
möchte, findet im Internet reiche Information: Gebaut wurden 4
Prototypen, Vorbild für das Modell ist die V1 mit der Kennung KK+BP,
deren Flugerprobung am 25. Juli 1940 begann. Dabei zeigte sich, dass
die Flugstabilität wegen des kleinen Seitenleitwerks unzureichend war.
Die folgenden Prototypen V2 bis V4 erhielten daher an der Höhenflosse
ovalartige Seitenscheiben, die das Problem lösten. Die V1 wurde in
Travemünde geflogen und im März 1943 gemeinsam mit der V2
verschrottet. Die V3 und V4 wurden auf dem Handelsstörkreuzer „Stier“
für seine Kaperfahrten stationiert. Der erste Aufklärungsflug fand
dort am 3. Juli 1942 statt. Bei der Wasserung brach eine Strebe, und
der Flug am folgenden Tag endete mit dem Bruch eines Schwimmers,
weitere Flüge fanden nicht statt. Beide Flugzeuge gingen schließlich
mitsamt dem Schiff nach einem Gefecht am 27. September 1942 durch
Selbstversenkung verloren. Damit endete die Karriere der Ar 231, denn
die Marine hatte zwischenzeitlich die Pläne des U-Boottyps XI
aufgegeben .
Modell :
Wer sich auf einen Resin-Bausatz
einlässt, muss mit sprödem Material geringer Festigkeit rechnen. Der
schon etwas betagte Resin-Bausatz von RS scheint auf den ersten Blick
besonders einfach, weil Rumpf und Tragflächen jeweils aus nur einem
Teil bestehen. Aber auf den zweiten Blick ist der Bausatz eine echte
Herausforderung. Denn die dünnen und trotzdem noch unrealistisch
dicken Streben sind extrem bruchanfällig, auch wenn man ganz feine
Laubsägeblätter aus dem Goldschmiedebereich verwendet.
Die Beschaffung von Fotos und ihre
Auswertung erfordern bei diesem wenig bekannten Flugzeug viel Zeit.
Letztlich wurden alle Streben nach Internet-Fotos des Originals
ausgemessen und aus Kupferdraht mit passendem Durchmesser neu
gefertigt. Solche Drähte werden übrigens ganz einfach schnurgerade,
wenn man sie zwischen zwei Flachzangen reckt. Für die dicken
Schwimmerstreben wurde eine neue und besonders stabile Variante
probiert: Die Streben wurden durch dünne Alu-Rohre (0,5 mm
Außendurchmesser) dargestellt, die auf versilberten Kupferdraht
gefädelt werden und so ein zusammenhängendes formbares Gerüst ergeben,
das dann nur noch an einer Stelle gelötet zu werden braucht. So ist es
besonders einfach anzubauen und zu justieren. Dieses Prinzip ist auch
auf andere Verstrebungs-Tragwerke anwendbar. Diese dickeren Streben
zwischen Rumpf und Schwimmern erhalten Scharniere und Lager sowie
angeschellte Auftritte mit Abrutschsicherung.
Der Rumpf wurde im Cockpitbereich
mit wenig Restwandstärke ausgefräst, so dass eine sitzende
Pilotenfigur eingefügt werden kann, die dankenswerterweise mein
Modellbaukollege Thomas Folwarczny angefertigt hat. Ausgefräst wurden
ebenfalls die beiden Kühleröffnungen. Die Auspuffrohre entstanden aus
dünnwandigen Röhrchen. Die V1 hat links auf der Motorverkleidung eine
kleine Lufteinlasshutze. Oben auf der Verkleidung befinden sich zwei
parallele Klavierbandscharniere, damit der Motor zugänglich wird. Die
Scharniere wurden mit 0,1 mm dickem Draht dargestellt und mit stark
verdünntem Kaltleim (Ponal) auf der Haube befestigt.
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Oberseite
der Motorverkleidung mit den beiden Klavierbandscharnieren,
Ansaughutze, Kraftstoffanzeige und Auskreuzungen. Unten sind die
Lager von Schwimmer- und Tragflächenstreben zu sehen. |
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Die Leitwerksruder werden
abgetrennt und mit Anlenkhebeln versehen. Der Trimmbereich der
Höhenflossenvorderkante ist nur schwarz dargestellt. |
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Leitwerksruder und Trimmung mit Anlenkhebeln, Höhenflosse mit
Trimmbereich. Strebe zwischen Rumpf
und Schwimmer mit angeschellten Auftritten.
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Die beiden Schwimmer sind im
Bausatz ganz ohne Details dargestellt. Sie bekommen nach Fotos jeweils
6 Handlochdeckel und Längsleisten, Ösen sowie passende Ruder mitsamt
den Wasserruderzügen. |
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Schwimmer
mit Wasserruderanlenkungen, Seilzügen und Handlochdeckeln. Pfeile
aus rot lackierter Abziehbildfolie. |
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Beim Zusammenkleben von
Schwimmern und Rumpf ist zu beachten, dass Spitzen und Enden der
Schwimmer denselben Abstand 31 mm haben und dass sie von der Seite
gesehen parallel und auch parallel zur Rumpfunterseite sind. Hier ist
eine einfache Montagevorrichtung hilfreich.
Die Tragflächen sehen mit ihrem
ungewöhnlichen Knick seltsam aus. Wenn die V-Form nicht stimmt - wie
bei diesem Bausatz- lässt sie sich in warmem Wasser durch Biegen
korrigieren. Ruderflächen und Landeklappen wurden abgetrennt und mit
Trimmrudern, Aufhängungen und Anlenkungen versehen. Es wurde darauf
geachtet, dass ein Luftspalt entstand, der beim Original die
Langsamflugeigenschaften verbesserte. Dazu muss das Profil geeignet
geschliffen werden. Die Querruder wurden ausgelenkt dargestellt, zudem
erhielten sie Ausgleichsgewichte. Schon beim Freistellen der
Ruderflächen sollte man sich überlegen, wo man das fertige Modell
überhaupt noch anfassen kann. Deswegen erhielt das hier beschriebene
Modell robuste Lager aus 0,4 mm Draht für Querruder und Landeklappen. |
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Tragflächenunterseite mit Hohlkehle, Trimmung, Ruderlagern,
Anlenkungen und Ausgleichsgewicht. Die
beiden Klebestellen für Streben sind mit Anbohrungen markiert.
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Rumpf und Tragflächen werden
vor dem Zusammenkleben vollständig detailliert und lackiert (hier in
RLM 02), Kontraste, Hervorhebungen und Alterungen werden jetzt
ebenfalls durchgeführt. Das Modell erhielt selbst gefertigte Decals,
die von einem Seitenfoto des Originals übernommen und auf dem Rechner
ausgewertet wurden. Besonders auffallend ist nämlich, dass die
Buchstaben nicht ganz den RLM -Vorgaben entsprechen. Für die
Markierungen auf und unter den Tragflächen wurden die RLM-Vorschriften
am Original und am Modell eingehalten.
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Die Streben auf dem Rumpf, die die
Tragflächen aufnehmen, müssen stabil sein. Das gilt besonders für die
beiden Y-förmigen Streben, die aus 0,5 mm versilbertem Kupferdraht
(erhältlich im Elektrofachhandel) gelötet werden. Bei der Montage liegen die passend gebohrten
Tragflächen auf den beiden nach oben weisenden kurzen senkrechten
Stützen. So lässt sich die richtige Justierung vor dem Zusammenkleben
leicht erreichen. Vorher sind noch die Bohrungen für die
Diagonalverspannungen mit 0,15 mm Durchmesser einzuplanen. |
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Gelötete
Y-Streben für die vordere Tragflächenaufnahme, Benzinstandanzeiger
(transparent), Klappe für Tanköffnung und ein Strebenoberteil mit
angeschellten Auftritten.
Die Klavierbandscharniere auf der
Motorverkleidung sind hier noch nicht angebracht.
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Die
Ar 231 wurde nach der Wasserung von einem Kran an Bord genommen. Dazu
haben Wasserflugzeuge auf ihrer Oberseite „Heissösen“, in die Seile
eingehängt werden. Auf ein paar Fotos der Ar 231 sind diese (wegen der
besseren Erkennbarkeit vermutlich weiß lackierten) Heissösen und die
eingehängten Hebeseile erkennbar: Zwei direkt über den beiden ersten
Streben - das ist die optimale Krafteinleitung- und eine hinter dem
Piloten. Für die Darstellung am Modell wurde Draht mit 0,25 mm
Durchmesser um einen 0,6 mm Durchmesser Bohrer zu einem kleinen Ring
gewickelt. Das geht besonders gut mit Lötdraht, der weich und mit dem
Skalpell sauber und präzise schneidbar ist. Am Modell wurden die drei
Halteseile mit sehr dünnen und schwach gespannten Gummifäden
dargestellt, die oben in einer Öse zusammenlaufen. Das Modell befindet
sich auf einem Transportwagen (z.B. vor dem Start). So brauchen die
Haken und Ösen nicht das ganze Gewicht des Modells aufzunehmen,
sondern nur die Spannung zum Straffen der Fäden.
Die Fotos wurden wegen der besseren Tiefenschärfe
mit Blende 11 und Stativ aufgenommen, sie wurden anschließend mit dem
Rechner bearbeitet, um z.B. Klebeunsauberkeiten zu bereinigen. Der
Mann mit dem Fahrrad (Diotech Art Nr. 7201/1) soll nur das
Größenverhältnis veranschaulichen. |
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Details nach der Tragflächenmontage:
Hutze auf der Motorhaube, Auspuffrohre,Y-Strebe,
Benzinstandanzeige, zwei Paar diagonal verlaufende Spanndrähte,
weiß lackierte Heissösen zur Aufnahme des Heissgeschirrs am
Hebekran.
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Fazit. |
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Das Modell der Ar 231 ist wegen
der vielen filigranen Streben ober- und unterhalb des Rumpfes
besonders anspruchsvoll. Um ein realistisches Modell zu bauen, sollte
man die richtigen Strebendurchmesser aus Fotos bestimmen und aus
gerecktem Draht darstellen.
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Bei diesem Modell ist besonders
herausfordernd, wie früh man mit seinem erzielten Arbeitsergebnis
zufrieden ist, wie hoch man also die persönliche Messlatte legt.
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