1. Plastikmodellbauclub Nürnberg e.V.
 
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Modell und Fotos von Gerd Busse
     
 

Aufklärer Arado Ar 196 A-3 (WerkNr. 0209) Verbandskennzeichen 7R+BK (rotes B) der 2./ Aufklärungsgruppe 125 (See)

Revell, 1/72, von Gerd Busse
Original
 
Der Küsten- und See-Aufklärer Arado Ar 196 mit seinem kräftigen Sternmotor BMW 132 (der auch die Junkers Ju 52 antrieb) und den beiden Schwimmern ist so gut bekannt, dass er hier nicht vorgestellt zu werden braucht. Im Internet sind viele technische Details zu finden. Umfangreiche technische Dokumentation mit für den Modellbauer nützlichen Zeichnungen und Erkläuterungen ist in Luftfahrt International, Nr 4, S. 589 – 628, 1974 veröffentlicht. Eine Ar 196, die seit Kriegsende in USA ausgestellt war, wird derzeit vom Förderverein 196 e.V. in Nordholt in enger Abstimmung mit der Marine restauriert, um sie später im Deutschen Luftschiff- und Marinefliegermuseum AERONAUTICUM als Leihgabe auszustellen. Im Internet (info@arado196.de) wird über den Stand der Arbeiten berichtet, das Bildmaterial ist für den Modellbauer eine wertvolle Hilfe.

Die vielen Details des Originals (Griffe, Ösen, Anlenkungen, Schwimmer…) bieten echte Herausforderungen.

Eine Ar 196 (WerkNr. 0209) mit dem Verbandskennzeichen 7R+BK (rotes B) gehörte zur 2./ Aufklärungsgruppe 125 (See). Sie ist durch ein bekanntes Foto nachgewiesen. In der Werknummernliste (luftwaffe-zur see.de/Seeluft/Werknummerlisten.htm) erscheint sie als A-3. Allerdings gibt es in dieser Liste auch unvollständige Kennungen 7R+?K für A-2, A-4 oder auch A-5. Es ist also nicht auszuschließen, dass es eine oder mehrere 7R+BK auch bei diesen Baureihen gab. Als Vorbild für das beschriebene Modell wurde die gesicherte 7R+BK gewählt.

Das gutmütige Start- und Wasserungsverhalten von Schwimmerflugzeugen beruht darauf, dass die Schwimmerstufe hinter dem Schwerpunkt liegt. So wird ein Aufbäumen während Start oder Wasserung vermieden. Wenn also ein Schwimmerflugzeug an Land direkt auf den Schwimmern abgestellt wird (die halten das problemlos aus), berühren die Enden der Schwimmer nicht den Boden. Ein Modell, das vorbildgerecht stehen soll, hat deswegen seinen Schwerpunkt vor der Schwimmerstufe. Bei Bugradflugzeugen achtet man darauf, durch entsprechende Bleizugabe keinen „Tailsitter“ zu bauen. Bei Schwimmerflugzeugen wie der Ar 196 gilt entsprechendes, wenn das vorbildgerecht gebaute Modell richtig stehen soll.

Modell in richtiger Schwerpunktlage,  auf dem Trockenen, Wasserruder nach oben gezogen
 
Wasserruder nach oben gezogen.

 

Ein weiterer Hinweis betrifft die beiden in Gabeln geführten hochziehbaren Wasserruder: Diese sind nur beim Manövrieren („Rollen“) auf dem Wasser abgesenkt, wenn bei geringer Geschwindigkeit viel Drehmoment gebrauch wird. Sonst sind sie immer hochgezogen, damit sie den Boden nicht berühren und damit es beim Wassern keinen „Ringelpietz“ gibt. Darum wäre es nicht richtig, ein Schwimmerflugzeug mit abgesenkten Wasserrudern darzustellen. Insofern ist die Darstellung im Bausatz korrekt.

 

Modell
 
Der Bausatz Nr. 4197 von 1991 lag 30 Jahre im Keller. Die entsprechend brüchig gewordenen Abziehbilder wurden mit farblosem Lack überzogen. Der gibt einen gewissen Zusammenhalt und ermöglicht das vorsichtige Aufbringen. Eine Anmerkung zum Umgang mit glänzenden Abziehbildern: Vor dem Aufbringen sollte „passend“ mattiert werden, wobei unklar ist, wann die Mattierung passt. Oder einfacher: Die Umgebung des Abziehbildes glänzend lackieren (denn ein hoher Glanzgrad läßt sich einfacher erzielen als eine bestimmte Mattierung) und dann alles gemeinsam und einheitlich mattieren.

Hinter dem Bau dieses betagten Bausatzes steckt der Wunsch, im Maßstab 1/72 einen Detaillierungsgrad etwa wie in 1/32 zu erreichen. Also ist viel Scratchbau erforderlich.

Die erhabenen Blechstöße sind natürlich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Sie werden mit einer frischen Cutterklinge abgeschabt und anschließend geschliffen. Bei Bedarf kann auch nachgraviert werden, die Blechstöße werden aber meistens im Modellbau übertrieben dargestellt.

 

Rumpf mit Leitwerk:

Oben auf der Motorhaube befinden sich zwei Scharnierbänder zum Aufklappen der Verkleidungsbleche, dargestellt aus 0,15 mm dickem gereckten Kupferdraht. Davor ist an dem Hinterring vor dem Spreizklappenring eine Heißöse angebracht.

Unter der Abdeckung in RLM 02 verbirgt sich der Kompass.
Der geringe Kontrast zwischen RLM 72 und RLM 73 ist durch Fotos belegt.

Das Herausheben des Flugzeugs aus dem Wasser („Heissen“) erfolgte mit drei Drahtseilen. Zwei davon befinden sich in einer Vertiefung seitlich außen neben dem Führersitz. Zur realistischeren Darstellung am Modell wurde verzwirnter dünner V-Stahl verwendet. Das dritte Seil war in einem Kasten („Heißstroppbehälter“) oben hinter dem Pilotensitz und unter der Kopfstütze untergebracht. Wenn der Pilot nach dem Wassern die Schiebehaube zurückschob, konnte er alle drei Seile in das Heißgeschirr des Bordkrans einhängen.

Die Kabinenhaube erhielt innen neben dem Antennenmast den Notgriff zum Abwurf der Kabinenhaube. Innen vor der Cockpitscheibe war die Scheibe für das Reflex-Visier befestigt. Vorne unten auf beiden Seiten befand sich der Griff zum Verriegeln und Verschieben der Haube. Oben hinten war der Griff zum Verschieben und Festhalten befestigt.

Das Bord-MG ist beigeklappt dargestellt, so dass es in die Vertiefung im Rumpfrücken passt. Der im Bausatz fehlende Schlauch zum Hülsensammler wurde aus einer Messingschraube M 1,6 gefertigt, die zur besseren Biegbarkeit ausgeglüht wurde.  Auf dem Rumpfrücken wurde ein 70 µm dicker Antennendraht aus Keramikfaser gespannt und mit Isolatoren aus Deckweiss versehen.

Maschinengewehr beigeklappt
 
Antennenführung und Isolatoren 

 

Die Ruderflächen des Leitwerks wurden freigestellt und mit Ausgleichsgewichten und Schubstangen zu den Anlenkungen versehen. Die kleinen Ruderflächen waren Trimmruder, die im Flug so eingestellt wurden, dass das Flugzeug auch bei losgelassenem Steuer seine Höhe und Richtung hielt.

Die Schwimmer erforderten viel Arbeit:

Die 6 Auftritte von den Schwimmern zum Rumpf wurden neu gefertigt. Die Zugangsdeckel wurden ergänzt bzw korrigiert (auch Nebelwerfer). Die Wasserruder erhielten Anlenkungen und jeweils drei Seilzüge nach den Skizen im Handbuch (z.B. Luftfahrt International…).

 

Die flachen Spanndrähte aus Keramik sind nur am unteren Ende festgeklebt. Am oberen Ende ragen sie frei in die jeweilige Bohrung, damit sie auch bei thermischer Ausdehnung gerade bleiben. 
 
Schwimmer mit neuen Zugangsdeckeln und Auftritten an der ersten Strebe. Rechts direkt am oberen Rand ist das weiße Dampferlicht zu sehen.
 
 
     
Darstellung eines Flachspanndrahtes durch zwei
parallel zusammengeklebte dünne Drähte
 

Auf dem Wasser gelten Schwimmerflugzeuge als Wasserfahrzeuge, die unter dem Rumpf ein weißes Buglicht („Dampferlicht“) führen. Dieses ist kein Scheinwerfer, sondern nur eine von allen Seiten gut sichtbare kleine Markierungslampe an einer Strebe, die auch auf Originalfotos zu sehen ist.

Für die Spanndrähte wurden Bohrungen eingebracht und nur am unteren Ende festgeklebt, damit sie sich bei thermisch bedingten Ausdehnungsdifferenzen nicht verbiegen. Das gilt auch für die Antennendrähte. Hier hat sich eine elastische Aufhängung (Schraubenfeder) bewährt, die dafür sorgt, dass die Antenne auch bei Temperaturänderungen nicht wie eine schlaffe Wäscheleine aussieht.

Der Strömungswiderstand eines Objektes hängt von seiner Form und seinem Querschnitt ab. Es ist also sinnvoll, den Querschnitt in Strömungsrichtung klein zu halten. Das gilt auch für die Drähte, mit denen die Streben der Ar 196 gegeneinander verspannt sind. Der Auskreuzungsdraht hat daher keinen kreisförmigen Querschnitt wie übliche Drähte, sondern er ist in Flugrichtung kleiner und quer dazu größer, damit die nötige Festigkeit erreicht wird. Beim Original in Nordholt ist der Querschnitt elliptisch mit 14 x 2 mm², wie Herr Bernard Jäger vom dortigen Museum dem Autor freundlicherweise mitteilte. Von vorne gesehen erscheint der Draht also je nach Blickwinkel unterschiedlich dick. An den drei Kreuzungspunkten sind die Drähte mit Strömungskörpern verbunden. Wie soll man das am Modell umsetzen? Soll man das überhaupt versuchen? Und lohnt sich der Aufwand?

Solche Fragen lassen sich nur durch Ausprobieren klären. In 1/72 ergibt sich für den Draht ein Querschnitt von 0,20 x 0,03 mm. Draht entsprechender Dicke findet sich z.B. im Kabel einer drahtgekoppelten Computermaus (falls noch jemand so etwas hat). Er wird zwischen zwei Flachzangen gereckt, bis er gerade ist. An diesem Modell wurden statt des Drahtes zwei Keramikfasern mit 120 µm Durchmesser mit Ponal nebeneinander zusammengeleimt. So entsteht ein nahezu elliptischer Querschnitt, der von vorne gesehen deutlich kleiner ist als von der Seite. Wenn man das nicht weiß, sieht man es aber nicht. Jedenfalls haben zwei Modellbaukollegen erst nach explizitem Hinweis gemerkt, dass diese Ar 196 vorbildgetreu flache Spanndrähte hat. Fazit: Ob sich der Aufwand lohnt, ist eher eine Frage der persönlichen Schmerzgrenze oder auch der Neugier, mit welchem Aufwand etwas machbar ist. Man könnte auch Draht mit 0,2 mm Durchmesser nehmen, ohne dass der Unterschied auffiele.

 

     
 
 
  Die Anbringung der Spanndrähte ist eine Herausforderung, vor allem wenn sie auch nach Temperaturänderungen gerade bleiben sollen.  

 

Farben:

Die Seetarnfarben RLM 72 und RLM 73 unterscheiden sich von den Landtarnfarben RLM 70 und RLM 71 durch ihren deutlich höheren Grauanteil. Ein vorhandenes eigenes Originalstück war beim Mischen der Farbtöne hilfreich. Der Farbkontrast wurde am Ende durch leichtes Übersprühen mit RLM 73 reduziert, denn alle Fotos der Ar 196 zeigen zwei nur schwach kontrastierende Farbtöne.

 

Einfaches Diorama für ein Wasserflugzeug
     
 
 
 
 
 
 

Wie präsentiert man ein Schwimmerflugzeug? Am einfachsten auf einem blauen Stück Papier, das das Wasser symbolisieren soll. Besser ist aber ein Dockwagen. Wenn das Flugzeug in seinem Element gezeigt werden soll, benötigt man eine wellenförmig verformte und am besten transparente Kunststoffplatte (z.B. aus dem Dioramenbau) und schneidet die Platte so aus, dass die Schwimmer darin möglichst dicht bis zur Wasserlinie eintauchen. Aus flachem Blickwinkel sieht es dann so aus, als ob die Schwimmer im Wasser sind. Realistischer wirkt die Kunststoffoberfläche, wenn sie mit Future“ mehr Reflexionsvermögen bekommt.

Wer noch mehr Realitätsnähe mag, kann auch eine Ablaufbahn darstellen, auf der der Dockwagen ins Wasser rollt. Der ins Wasser abtauchende Dockwagen (Eigenbau wie hier oder aus dem Bausatz) wird in einen passend frei geschnittenen Bereich der Kunststofffolie gesetzt, die zunehmende Wassertiefe läßt sich durch eine passende zunehmende Schattierung des Bodengrundes darstellen. Es ist wichtig, dass am Boden des Gewässers keine störenden Reflexionen entstehen. Man vermeidet sie am einfachsten durch Überstreuen mit feinem Sand und anschließende Lackierung mit graugrünem Mattlack.

Das Diorama wurde belebt durch Einfügen eines Dockwagens und eines Lanz Bulldogs (von Extratech), der ihn ins Wasser schiebt. Der Beobachter mit dem Fahrrad stammt von Diotech (Nr. 7201/1). Die Fotos wurden wegen der besseren Tiefenschärfe mit einer Digitalkamera Blende 11 und entsprechend langer Belichtungsdauer aufgenommen und anschließend auf dem Rechner nachbearbeitet.

     
 
 
     
Danksagung

Ein besonders herzlicher Dank geht an die Herren Bernard Jäger und Uwe Giesecke vom Restaurationsteam Nordholt. Ihre bereitwillige und stets geduldige Auskunft zu technischen Details der dortigen Ar 196 war für den vorbildgerechten Bau dieses Modells eine ganz wesentliche Voraussetzung.