1. Plastikmodellbauclub Nürnberg e.V.
 
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Modell und Fotos von Gerd Busse
     
 
Ju 88 H-4, 1/72, Ju 188-Teile plus Eigenbau, FW 190 F von Revell
 
 

 
Kurzbericht zur „Führungsmaschine“ aus Junkers Ju 88 H-4 und Focke-Wulf FW 190 F:
Im 2. Weltkrieg wurde die Funkortung von Flugzeugen mit Radar immer wichtiger. Radargeräte wie z.B. FuG 202, FuG 212 und FuG 220 arbeiteten bei Wellenlängen im m- Bereich. Sie basierten auf Dipol-Sendern mit entsprechend großen Antennenanordnungen, die die Geschwindigkeit der Nachtjäger um etwa 50 km/h reduzierten. Das Problem war bekannt, dementsprechend wurden Wellenlängen im cm-Bereich angestrebt. Aber Ende 1942 wurden auf Weisung des RLM alle Forschungsarbeiten an Zentimeterwellen eingestellt und das Entwicklungslabor bei Telefunken geschlossen (Quelle: Fritz Trenkle, “Bordfunkgeräte- vom Funkensender zum Bordradar“, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz).
Auf englischer Seite hatte man jedoch bereits Magnetrons (heute in jedem Mikrowellenherd zu finden) entwickelt, die bei etwa 10 cm Wellenlänge sendeten. Als am 2.4.1943 (nach anderer Quelle am 3.3.1943) ein englischer Short Stirling Pfadfinderbomber bei Rotterdam abstürzte, fiel ein solches Gerät in deutsche Hände und bewies die Machbarkeit. Es wurde in Berlin bei Telefunken ausgewertet und nach seinem Fundort „Rotterdam-Gerät“ genannt. Das daraus entwickelte deutsche Radargerät mit der Bezeichnung FuG 240 „Berlin“ wurde erst Anfang 1945 fertig. Es hatte den Vorteil, dass es keine Antennenarrays mehr erforderte, sondern nur noch eine Parabolantenne von 70 cm Durchmesser, die unter ihrer strömungsgünstigen Sperrholzverkleidung keine Geschwindigkeitseinbuße verursachte.
Einige wenige Nachtjäger Ju 88 G-6 erhielten noch Anfang 1945 das FuG 240.
Das FuG 240 eignete sich bei exzentrischer Rotation (die mehr Einbaudurchmesser erforderte als nur die 70 cm) zur bildgebenden Abrasterung, also zur Geländedarstellung und Navigation auch bei bedecktem Himmel, es war somit das ideale Gerät für ein Pfadfinderflugzeug, das eigenständig Bomber ans Ziel führen konnte („Führungsmaschine“). Das war die Grundidee für die geplante Langstreckenversion Ju 88 H-4 mit ihrer dicken und leicht hängenden Nase, die den Radarblick nach vorne unten ermöglichen sollte. Die vorgesehene große Reichweite bedingte einen großen Treibstoffvorrat, der den Einbau zusätzlicher Rumpfsegmente vor und hinter den Tragflächen (wegen des Schwerpunktes) erforderte. In der Literatur sind die Zahlenangaben  nicht einheitlich, dem Bau des Modells wurde schließlich die Zeichnung im Buch von Greene zugrunde gelegt (William Green, „The Warplanes of the Third  Reich“, Galahad Books, New York, S. 482). Angetrieben wurde die Ju 88 H-4 von zwei Jumo 213 A-12 mit je 1776 PS. Oben auf dem Rumpf sollte wie bei einem Mistelgespann eine FW 190 F (nach anderen Quellen FW 190 A-8) befestigt und im Notfall ausgeklinkt werden, aber in diesem Fall, um die wertvolle Führungsmaschine zu verteidigen.  Ob bzw. wie weit diese Planung umgesetzt wurde, ist nicht bekannt. Das hier vorgestellte Modell der Führungsmaschine Ju 88 H-4 mit aufgesetzter FW 190 F basiert lediglich auf der Zeichnung im erwähnten Buch. Die äußeren Zusatztanks und ein zusätzliches Rad des Hauptfahrwerks wurden nicht dargestellt.
Das Modell der Ju 88 H-4 entstand bereits 2002 weitgehend im Eigenbau, und zwar aus Giesskeramik nach selbst gefertigter Urform, die sich an den hervorragenden Zeichnungen von Michael Merker in FLUGZEUG orientierte. Wie das Abformen mit Silikonkautschuk abläuft, ist in einem früheren Artikel beschrieben (G. Busse, „Die Junkers Ju 88 Nachtjagdversionen“. FLUGZEUG 4/1993. S. 64-67).  Giesskeramik ist im Umgang vergleichbar mit Gips, im Endeffekt aber härter und trotzdem von Keramik noch ganz weit entfernt, denn es lässt sich mechanisch problemlos bearbeiten. Ebenso entstanden die Jumo 213, die mittlerweile nach dieser Urform von der Firma RaiRo vertrieben werden, leider nachgraviert.
Bei dem Modell wurden Rumpfsegmente (ebenfalls Giesskeramik) wie beim Original eingefügt. Die Kanzel wurde über eine selbst gefertigte Urform mit einem Heißluftfön aus transparenter Verpackungsfolie tiefgezogen, das Innere der Kabine in Anlehnung an übliche Ju 88 gestaltet. Das  Rumpfende mit Leitwerk und die Tragflächen stammen von einer Ju 188 von Italeri. Sie wurden durch Details (z.B. Anlenkungen) ergänzt. Die FW 190 F ist ein ungeänderter Revell-Bausatz. Die Farbgebung entspricht dem Standardschema am Kriegsende, ist aber nur eine Vermutung, wie das Original vielleicht ausgesehen hätte, wenn es produziert worden wäre.