|
Meilensteine des Pazifikkriegs, Inselspringen |
|
zurück zu "Farben der US Navy" | zurück zu Modellbau-ABC |
Meilensteine des Pazifikkrieges |
Strategie und Durchführung, Mythos Inselspringen |
von Wilfried Eck |
|
|
|
Inselspringen - oft zitiert, selten verstanden.
Die Begriffe "Island Hopping" (Inselspringen) und "Leapfrogging" (Laubfroschhüpfen) wurden der Öffentlichkeit erst nach Ende des Krieges bekannt. In einem Zeitungsinterview geäußert von General Douglas MacArthur, vormals Oberbefehlshaber der US Army im Bereich Südwestpazifik. Hiernach habe Admiral Chester W. Nimitz (Oberbefehlshaber der US Navy) mit einer falschen Strategie hohe Verluste verursacht, während sein "leap frogging" und Abschneiden des japanischen Nachschubs durch Überspringen einzelner Inseln, Verluste vermieden hatte. Sein "Island hopping" sei die Sieg bringende Strategie gewesen.
Verschwiegen hatte Douglas MacArthur in diesem Statement, dass mit Ausnahme der Philippinen Inseln nördlich des Äquators gar nicht zu seinem Operationsgebiet gehörten und "leap frogging", der Reihe nach von einer küstennahen Stellung zur nächsten, eine abschätzige Bezeichnung der US Navy zu seinem Vorgehen auf Papua-Neuguinea war. Aber die Medien hatten ihre Schlagzeile und mangels besseren Wissens - Admiral Nimitz hat sich dazu nie geäußert - wurde Inselspringen und Abschneiden des gegnerischen Nachschubs Grundlage aller weiteren Berichte.
Im Frühjahr 1942, die Schlachten um Midway und Guadalcanal lagen noch in der Zukunft, stand für die "Combined Chiefs of Staff" die Frage an, wie und von wem der Krieg im Pazifik geführt werden solle. Zur Debatte standen die konkurrierenden Strategien von General Douglas MacArthur (US Army) und Admiral Chester W. Nimitz (US Navy). MacArthur wollte über Papua-Neuguinea bis zu den Philippinen vorstoßen und dann mit der Navy gemeinsam nach Norden bis Japan. Nimitz hingegen gedachte, mit der Marine und der angeschlossenen Marineinfanterie quer über den mittleren Pazifik zu den Philippinen zu gelangen und im Weiteren zusammen mit der US Army. Da hinsichtlich des letzten Teilstücks ohnehin Übereinstimmung bestand, wurde am 30. März 1942 beschlossen, das ostasiatische Kriegsgebiet in drei Zonen aufzuteilen (der britischen Teil, Indischer Ozean und Burma, hier nicht relevant) und die Pläne von MacArthur und Nimitz parallel laufen zu lassen. Trennlinie war dabei (mit Ausnahme der Philippinen) der Äquator westlich das 129. Längengrads. Unterstützung im Einzelfall war damit natürlich nicht ausgeschlossen. Das galt insbesondere für die Schlachten um die Salomonen und die Schwächung der stark befestigten Stadt Rabaul mit ihrem großen Hafen und fünf Flugplätzen.
Damit ergaben sich im Folgenden zwei völlig unterschiedliche Kriegsgebiete, die zunehmend weiter auseinander lagen. Auf Neuguinea konventioneller Landkrieg, allerdings erschwert durch den Dschungel. Da moderne Kriegsführung einen stetigen Nachschub an Treibstoff, Munition und Verpflegung bedingt, war Abschneiden der gegnerischen Versorgung zentraler Punkt der Strategie von General MacArthur. - Was Nachschub anbelangte, hatte Admiral Chester W. Nimitz das Problem der riesigen Entfernungen. Bereits der östlichste Teil des japanischen Herrschaftsbereichs war 3.900 km von Pearl Harbor entfernt, jede Anfahrt damit eine logistische Herausforderung, Nachschubbasen unverzichtbar. In der Offensive war die überlegene japanische Marineluftwaffe ein Problem. Japanische Marineflugzeuge hatten eine ungeheuere Reichweite, allen voran das Jagdflugzeug A6M2 "Zero Sen", das nicht nur jeden Gegner auskurven konnte, sondern bei magerer Gemischeinstellung eine Flugzeit von über 10 Stunden hatte.
Was die angebliche Strategie des Inselspringens anbelangt, Abschneiden des Nachschubs durch Überspringen einer Insel, führt sich diese Behauptung selbst ad absurdum. Überspringt man eine vom Gegner gehaltene Insel, sitzt man auf der neu erworbenen genauso fest, wie die gegnerischen auf der übersprungenen. Mit Fußtruppen kann man keine Schiffe versenken. Sehr wohl aber, siehe Midway, mit Flugzeugen. Hat man einen Flugplatz, kann man die gesamte Umgebung von gegnerischem Schiffsverkehr freihalten. Das eigene Territorium wird damit von der Flugzeugreichweite bestimmt. Ist diese groß genug, beherrscht man ein ganzes Territorium, nicht nur eine einzige Insel. Umgekehrt war es für die US Navy zwingend erforderlich, die japanische Luftwaffe - für die das ebenso galt - soweit zu schwächen, dass sie das eigene Vorgehen nicht mehr gefährden konnte. Im Übrigen darf die Rolle der U-Boote nicht außer Acht gelassen werden.
In der Offensive plante Admiral Nimitz großräumig. Es wäre töricht gewesen, von einer Insel zur anderen springen zu wollen, denn der Gegner hätte sich schnell auf die Reihenfolge eingestellt und Gegenmaßnahmen ergriffen. Im Übrigen hätte es viel zu lange gedauert, eine Vielzahl von im riesigen Pazifik verstreute Inseln einzeln einzunehmen, um auftragsgemäß zu den Philippinen zu gelangen. Wie zeit- material- und personalintensiv das Nacheinander-Einnehmen einer Inselkette war, hatten die Alliierten auf den Salomonen (s. Übersicht) erfahren es ging damals nicht anders, weil Flugzeugträger knapp waren und die Reichweite amerikanischer Flugzeuge geringer war als die der japanischen.
Für Nimitz und die US Navy waren Inseln nur interessant, wenn sie entweder strategisch günstig gelegen waren oder einen Flugplatz hatten, von dem aus japanische Flugzeuge eigene Operationen gefährden konnten bzw. man sie später selbst zu nutzen gedachte. Nimitz' Offensivwaffe waren Flugzeuge, insbesondere die der Flugzeugträger. Mit ihnen konnte man, da japanische Flugzeugträger nach Midway keine Rolle mehr spielten, unbehelligt jeden Punkt im Pazifik angreifen und dort Einrichtungen und den gegnerischen Flugzeugbestand dezimieren. Was dann auch ausgiebig geschah, an weit auseinander liegenden Orten, scheinbar zusammenhanglos, so dass Japan keine Methode erkennen konnte. Gleichermaßen wichtig war die Anlandung eigener Truppen vorzubereiten und zu unterstützen. Dem entsprechend brauchte man Flugplätze und Ankerplätze für die Flotte, idealerweise beides zusammen. Atolle, mehr oder weniger kreisförmige Inselketten von 30 - 50 km Durchmesser, waren dafür am besten geeignet. Sperrte man den einzigen Zugang, hatte man einen sicheren Hafen, geeignete Inseln nahmen Lager- und andere Räume auf. Dies und Instandsetzung oder Neubau eines Flugplatzes übernahmen die "Sea Bees" (von CB, Construction Batallion). Sicherung nach außen und evtl. "Aufräumungsarbeiten in der Umgebung" war dann Aufgabe der Flugzeugeinheiten des Marine Corps. Um die nächste Unternehmung vorzubereiten, konnten auch Langstreckenbomber der US Army Air Force stationiert werden, falls nicht die Einnahme ohnehin nur zugunsten der USAAF erfolgte, wie im Falle der Marianen und Iwo Jima.
Nachdem sich das Gemeinschaftsunternehmen von US Army, Navy, Marine Corps und Neuseeland, Rückeroberung der rund 1.000 km langen Inselkette der Salomonen im Herbst 1943 dem Ende zuneigte, konnte Admiral Nimitz daran gehen, sich eigenen Aufgaben zuzuwenden. Erster Schritt waren im November 1943 die Gilbert Inseln am östlichen Ende des japanisch besetzten Gebiets, rund 1.200 km von Guadalcanal entfernt. Hauptziel war das Tarawa Atoll mit seiner Hauptinsel Betio, nur 3.200 m x 720 m groß, aber mit einem gut ausgebauten Flugplatz. Zur Ablenkung vom eigentlichen Angriffsziel sollte parallel dazu die Einnahme der Atolle Apamama/Abemama und Makin/Butaritari erfolgen. Hierzu war stand am 20.11. eine Flotte von 17 Flugzeugträgern mit rund 850 Flugzeugen, zwölf Schlachtschiffen, acht schweren Kreuzern, vier leichten Kreuzern, 66 Zerstörer, und 36 Transportschiffen mit zwei Divisionen der Marineinfanterie bereit. Tarawa und Makin fielen nach drei Tagen, das am 21.11. angegriffene Apamama am 25.11.1943. Nächster Schritt waren die nordwärts gelegenen Marshall-Inseln, hier sollten die dringend benötigten Anker- und Nachschubbasen für die Flotte entstehen. Das Majuro-Atoll rund 750 km nördlich von Tarawa bildete am 31.01.1944 den Anfang, ohne eigene Verluste an einem Tag eingenommen. Die Einnahme der Inseln Roi und Namur des Kwajalein-Atolls, 680 km nordöstlich von Majuro gelegen, war schwieriger und dauerte vom 31.01 - 07.02; Eniwetok mit der Hauptinsel Engebi, 600 km weiter westlich, folgte 17.-23.02.1944. Mit auf diesen drei Atollen stationierten Flugzeugen des US Marine Corps und der US Army Air Force konnte ein weites Gebiet überwacht werden. Die übrigen japanisch gehaltenen Inseln der Gilbert- und Marshall-Inseln bildeten damit keine Gefahr für den weiteren Vormarsch nach Westen und konnten sich selbst überlassen werden. Ob sie Nachschub erhielten oder nicht, war belanglos. Das Ulithi-Atoll auf den Karolinen-Inseln bildete schließlich die Ausgangsbasis für alle Operationen 1945.
Damit ist - was Admiral Nimitz, US Navy und Marine Corps betrifft - das Thema Inselspringen eigentlich erledigt. Die nächsten Ziele waren "dicke Brocken" wo es nichts zu überspringen gab. Die Marianen (zur Schaffung von Basen für B-29 Langstreckenbomber), waren rd. 1.800 km entfernt, die Philippinen etc. noch weiter. Ob man das Inselspringen nennen kann, bleibt dem Leser (m/w/d) überlassen. Wie auch vor Papua-Neuguinea wurde der japanische Nachschub - falls relevant - nicht durch Inselüberspringen, sondern durch U-Boote und Seeüberwachung per Flugzeug unterbunden.
Was die von MacArthur behaupteten hohen Verluste anbelangt, ist ihm hinsichtlich Tarawa und Peleliu nicht zu widersprechen. In beiden Fällen verursacht durch Fehlplanung. Bei Tarawa hatte man bei Niedrigwasser angegriffen, was aufgrund der vorgelagerten Riffe vielen Landungsbooten zum Verhängnis wurde; im Übrigen waren alle japanischen Geschütz- und MG-Stellungen hervorragend positioniert, getarnt und geschützt. Auf Peleliu waren es die im Umurgrogol Bergmassiv verbunkerten, von außen kaum auszumachenden Stellungen und der Angriffstermin an sich. Die japanische Marineluftwaffe bildete für die Invasion der Philippinen keine Gefahr mehr. Im Allgemeinen aber aber die amerikanischen Verluste deutlich niedriger, eine Quote von 1:10 keine Seltenheit.
Inselspringen à la MacArthur:
In der Konferenz von Quebec vom 17.-24. August 1943 hatte man sich dem "Elkton III"-Plan von General MacArthur angeschlossen, das stark befestigte Rabaul auf Neubritannien nicht anzugreifen, sondern durch Abschneiden des Nachschubs auszuhungern. Dem entsprechend stand für MacArthur die ungewohnte Aufgabe an, im Rahmen seines nun in "Cartwheel" umbenannten Plans die 320 km nördlich von Neuguinea gelegenen Admiralitätsinseln zu besetzen. Sie gleichen einem nach links gewendeten U mit den beiden Hauptinseln Manus und Los Negros am südlichen Ende und nördlichen vier kleinen Inselchen in einem Bogen nach Westen. "Seeadler Harbor" bot einen Ankerplatz für die Flotte, Los Negros und Manus verfügten über je einen Flugplatz, von dem aus man die Umgebung bis Rabaul kontrollieren konnte. 12 Zerstörer der US Navy brachten am 29. Februar 1944 Truppen der Army und Australiens auf einer unbewachten Stelle auf Los Negros an Land, weitere folgten am 15. März auf der wesentlich größeren Insel Manus, durch eine Brücke mit Los Negros verbunden. Bedingt durch sumpfiges Gelände und verbissenen japanischen Widerstands gestaltete sich die Besetzung allerdings schwieriger als erwartet. Nachdem aber auch die nördlichen Inselchen besetzt worden waren, konnte die Operation nach Beseitigung der letzten Widerstandsnester am 18. Mai 1944 offiziell als beendet erklärt werden. Hiernach rettete sie mehr Menschenleben als sie gekostet hatte, da sie auch die Einnahme von Truk, Kavieng, Rabaul und Hansa Bay überflüssig machte und so den Vormarsch der Alliierten zu den Philippinen um mehrere Monate beschleunigte.
Dieses Vorgehen von General MacArthur entspricht exakt seinem Statement im Zeitungsinterview. Die kleinen, relativ eng zusammenstehenden Admiralitätsinseln hatte er per "leap frogging", eine nach der anderen, eingenommen. Übersprungen hatte er zwar keine, aber mit Einnahme der Flugplätze auf Los Negros und Manus sowie "Seeadler Harbor" (Der Name aus der deutschen Kolonialzeit fand sich noch immer auf US-Karten) sein Ziel, Rabaul vom Nachschub abzuschneiden, erreicht. Flugplätze des US Marine Corps in der westlichen Umgebung von Rabaul schlossen die Einkreisung ab. Seine noch immer starke Garnison spielte aber - vor allem wegen Mangels an Flugzeugen - im Lauf des Jahres 1944 ohnehin keine Rolle mehr. Desgleichen die Nachschubbasis Truk (heutiger Name Chuk), 1,800 km nordöstlich von Neuguinea, die ebenso wegen Weiterwanderns der Kriegsfront bedeutungslos geworden war. Die Nachschubfrage erledigte sich damit von selbst.
Gegnerische Inseln durch Überspringen vom Nachschub abzuschneiden war weder erforderlich noch wurde es von der US Navy praktiziert. Den zunehmend größeren US-Flugzeugträger-Kampfgruppen konnte Japan immer weniger entgegensetzen. Seine auf zahllosen Inseln verstreuten Bodentruppen konnten sich nicht gegenseitig unterstützen und fielen der materiellen und personellen Überlegenheit alliierter Truppen zum Opfer, wenn man sie nicht einfach sich selbst überließ, weil sie für den Vormarsch ohne Bedeutung waren.
Wie auch immer General Douglas MacArthur zu seinen Erkenntnissen gelangt sein mag, mit seinem Interview hatte er voll ins Schwarze getroffen. "Sieg durch Inselspringen" ergab eine knackige Schlagzeile, die der einfache Mann auf der Straße sofort verstand und leicht weitererzählen konnte. Wie es in Wirklichkeit gelaufen war, wollte niemand so genau wissen. Und so ist es bis heute geblieben.
"Inselspringen" bedeutete in Wirklichkeit: Nur Einnahme für den Vormarsch wichtiger Inseln |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Siehe hierzu auch: |
|
|